Was ist ein Bundesstaat?
Bundesstaaten sind „föderal“ aufgebaut. Das heißt: Der Staat besteht aus zumindest zwei Ebenen. Die eine Ebene heißt der „Bund“ und die andere Ebene die „Bundesländer“. Viele große Staaten der Welt sind Bundesstaaten: zum Beispiel Brasilien, Deutschland, Indien, Indonesien, Russland und die USA. Es gibt aber auch kleinere Bundesstaaten: zum Beispiel Belgien, Österreich und die Schweiz. Das Gegenteil eines Bundesstaates ist der Zentralstaat. Zentralstaaten haben eine einzige Gesetzgebung und Vollziehung für den gesamten Staat. Der internationale Vergleich zeigt: in Österreich hat der Bund deutlich mehr Aufgaben und Steuermittel als etwa in der Schweiz und in Deutschland. Die österreichischen Bundesländer haben entsprechend weniger Aufgaben und Finanzmittel. Sie heben zum Beispiel keine Einkommensteuer oder Mehrwertsteuer ein.
Wie ist Österreich als Bundesstaat aufgebaut?
Österreich ist ein Bundesstaat mit neun Bundesländern: Burgenland, Kärnten, Steiermark, Niederösterreich, Oberösterreich, Salzburg, Tirol, Vorarlberg und Wien. Die Bundesländer sind in Gemeinden unterteilt, derzeit gibt es über 2000 Gemeinden. Wien ist dabei ein Sonderfall: die Gemeinde Wien ist zugleich ein Bundesland.
In Österreich sind das Beschließen von Gesetzen (= Gesetzgebung) und die Durchführung dieser Gesetze (= Verwaltung) auf den Bund und die neun Bundesländer aufgeteilt. Die österreichische Bundesverfassung legt die Aufgaben des Bundes und der Bundesländer fest. Dabei ist es wichtig, zwischen dem Beschließen von Gesetzen und der Durchführung dieser Gesetze zu unterscheiden.
Aufgaben des Bundes
Der Bund ist zum Beispiel in folgenden Bereichen alleinig zuständig: bei der politischen und wirtschaftlichen Vertretung gegenüber dem Ausland, bei den Bundesfinanzen, beim Zollwesen, bei militärischen Angelegenheiten oder bei Angelegenheiten des Zivildienstes. Hier beschließt der Bund die Gesetze und sorgt für die Verwaltung.
Bundesverwaltung
Einen Teil seiner Aufgaben erledigt der Bund selbst. Dazu gibt es eigene staatliche Einrichtungen (= Behörden) des Bundes. Solche Behörden des Bundes sind zum Beispiel: die Finanzämter und die österreichischen Botschaften im Ausland. An der Spitze aller Bundesbehörden stehen der Bundeskanzler/die Bundeskanzlerin und die Bundesminister/innen. Einen anderen Teil seiner Aufgaben erledigt der Bund nicht selbst, sondern überträgt diese Aufgaben an die Bundesländer. Die Landesbehörden sind dann – unter Leitung des Landeshauptmannes/der Landeshauptfrau – an die Anordnungen des Bundes gebunden.
Aufgaben der Bundesländer
Die Bundesländer regeln alle ihre Aufgaben selbst. Hier beschließen die Länder die Gesetze und sorgen für ihre Durchführung. Allein zuständig sind die Bundesländer zum Beispiel für die Kindergärten, für den Jugendschutz und für den Naturschutz. Die Bundesländer bestimmen auch, wo gebaut werden darf und was gebaut werden darf (Raumordnung und Baurecht).
Landesverwaltung
Die Aufgaben der Bundesländer erledigen die Landesbehörden. Die oberste Behörde jedes Bundeslandes ist die Landesregierung. An ihrer Spitze stehen der Landeshauptmann/die Landeshauptfrau sowie die Landesrätinnen und Landesräte. In Wien stehen der Bürgermeister sowie die Stadträtinnen und Stadträte an der Spitze der Stadt und ihrer Verwaltung.
Die Verwaltung der Bezirke (Bezirkshauptmannschaften und Magistrate) gehört ebenfalls zur Landesverwaltung.
Gemeindeverwaltung
An der Spitze jeder Gemeinde steht ein Bürgermeister/eine Bürgermeisterin. Sie sind für die Verwaltung der Gemeinde verantwortlich. Für viele Dinge, die uns täglich betreffen, sind die Gemeinden zuständig. Typische Beispiele sind: örtliche Bauangelegenheiten, örtliche Gesundheit und örtliche Raumplanung. Die Gemeinden bekommen keine direkten Anordnungen vom Bund und von den Bundesländern. Aber jedes Bundesland muss darauf achten, dass die Gemeinden ihre Aufgaben erfüllen.
Bedeutung der Europäischen Union
Seit 1995 ist Österreich Mitglied der Europäischen Union. Seither gibt es auch Bereiche, für die nicht in erster Linie der Bund oder die Bundesländer zuständig sind. Dazu gehört alles, was auf der europäischen Ebene beschlossen und umgesetzt wird. Ein wichtiges Beispiel dafür ist der Euro. Über das Geld, das wir täglich verwenden, bestimmt seit 2001 die Europäische Zentralbank (siehe Kapitel 8).
Was bedeutet der Bundesstaat für unser tägliches Zusammenleben?
Österreich ist ein Bundesstaat. Die politische Macht ist verteilt auf den Bund, die Bundesländer und die Gemeinden. Entscheidungen werden nicht nur auf der Ebene des Bundes getroffen. Entscheidungen werden auch auf der Ebene der Bundesländer und Gemeinden getroffen. Dadurch liegen politische Entscheidungen auch näher bei den Bürgerinnen/ Bürgern. Da die staatliche Macht auf mehrere Ebenen verteilt ist, gibt es auch verschiedene Wahlen, bei denen österreichische Staatsbürger/innen ihre Stimme abgeben können. In den Bundesländern werden z.B. die Landtage gewählt, in den Gemeinden der Gemeinderat. Dadurch hat das Volk öfters die Möglichkeit, sein demokratisches Mitbestimmungsrecht zu nützen. Auch eine aktive politische Beteiligung als Kandidat/in ist für Bürger/innen in einem Bundesstaat leichter. Die Zahl der Stimmen, die man braucht, um in einen Gemeinderat oder einen Landtag zu kommen, ist kleiner. Dadurch ist es einfacher, sich in der eigenen Gemeinde oder im eigenen Bundesland politisch zu engagieren. Für den Nationalrat brauchen die Kandidaten/innen mehr Stimmen, um gewählt zu werden. Außerdem ist es häufig auch leichter, die Mitbürger/innen der näheren Umgebung zu mobilisieren.