Der Begriff „Demokratie“ bedeutet „Volksherrschaft“. Das Gegenteil davon ist eine Diktatur, bei der ein Alleinherrscher/eine Alleinherrscherin oder eine einzige Partei alles bestimmt. Die Idee der Demokratie entstand bereits in der Antike – und zwar im alten Griechenland. Was wir unter „Demokratie“ verstehen, hat sich seither stark verändert. Die politische Mitbestimmung und insbesondere das Wahlrecht sind die wichtigsten Merkmale einer Demokratie.
Die österreichische Bundesverfassung legt fest: „Österreich ist eine demokratische Republik. Ihr Recht geht vom Volk aus.“ In Österreich fanden die ersten demokratischen Wahlen im Revolutionsjahr 1848 statt. Das allgemeine und gleiche Wahlrecht für Männer wurde allerdings erst im Jahr 1907 eingeführt. Frauen durften bei den ersten Wahlen der Republik Österreich im Jahre 1919 zum ersten Mal wählen. Die Bundesverfassung gibt allen wahlberechtigten Staatsbürgerinnen/Staatsbürgern das Recht, am politischen Geschehen im Staat mitzuwirken. Wählen dürfen österreichische Staatsbürger/innen ab 16 Jahren. Bei Gemeinderatswahlen und bei Wahlen zum EU-Parlament dürfen auch die in Österreich lebenden Bürger/innen anderer EU-Staaten ihre Stimme abgeben.
Indirekte und direkte Demokratie
Es gibt zwei unterschiedliche Formen von Demokratie: die indirekte und die direkte Demokratie. >> Indirekte Demokratie heißt: Das Volk wählt seine Vertreter/innen (= gewählte Abgeordnete). Diese Abgeordneten beraten und beschließen Gesetze. >> Direkte Demokratie bedeutet: Das Volk kann selbst unmittelbar über Beschlüsse des Nationalrates und wichtige Fragen für die Gesellschaft entscheiden.
Indirekte Beteiligung an der Gesetzgebung bedeutet, dass die Bevölkerung Abgeordnete für den Nationalrat, die Landtage und für das Europäische Parlament wählt. Diese Abgeordneten entscheiden dann für die Bevölkerung. Im Gegensatz dazu wird der Bundespräsident/die Bundespräsidentin als Person direkt vom Volk gewählt. Die Verfassung sieht auch verschiedene Formen der direkten Demokratie (Volksabstimmung, Volksbefragung, Volksbegehren) vor. Wahlen und Abstimmungen gibt es in vielen Lebensbereichen: Gewählt werden zum Beispiel Betriebsräte, Klassensprecher/innen, Schulsprecher/ innen, Vertreter/innen der Eltern in der Schulgemeinschaft, Vertreter/innen der Studierenden an den Universitäten oder Interessenvertretungen.
Das Wahlrecht
Alle österreichischen Staatsbürger/innen haben ab dem 16. Geburtstag das Recht, ihre politischen Vertreter/innen im Bund, im jeweiligen Bundesland, in der eigenen Gemeinde sowie Mitglieder des Europäischen Parlaments zu wählen. Dieses Recht nennt man Wahlrecht. Da sie politische Entscheidungen für uns alle treffen, ist es wichtig, dass die Mitbestimmung der Bürger/innen garantiert ist. Bei jeder Wahl gelten daher folgende Grundsätze: Das Wahlrecht ist in Österreich … 1. allgemein: alle Staatsbürger/innen haben ab einem bestimmten Alter das Recht zu wählen und gewählt zu werden; 2. gleich: jede Stimme zählt gleich viel; 3. unmittelbar: gewählt wird direkt eine Partei oder ein Kandidat/eine Kandidatin; 4. persönlich: jede Stimme muss persönlich abgegeben werden (die Wähler/innen können nicht jemand anderen als Stellvertreter/in zur Wahl schicken); 5. geheim: der Name des Wählers/der Wählerin ist auf dem Stimmzettel nicht vermerkt. Es kann und darf also nicht festgestellt werden, wer welche Partei und welchen Kandidaten/welche Kandidatin wählt; 6. frei: die Stimmabgabe muss frei von Zwang erfolgen.
Die Wahl des Nationalrates
Der Nationalrat besteht aus den Abgeordneten, die von den österreichischen Staatsbürgerinnen/Staatsbürgern gewählt werden. Er beschließt gemeinsam mit dem Bundesrat die Bundesgesetze. Außerdem kontrolliert der Nationalrat die Bundesregierung. Die Wahl der Abgeordneten zum Nationalrat heißt Nationalratswahl. Sie findet spätestens fünf Jahre nach der letzten Nationalratswahl statt. Diese Wahl entscheidet darüber, wie viele Abgeordnete die einzelnen Parteien haben. Davon hängt es in der Regel auch ab, wie die Macht in der neuen Regierung verteilt ist. Hat keine Partei eine absolute Mehrheit an Abgeordneten im Parlament, dann gibt es in der Regel eine Koalition aus zwei oder mehreren Parteien. Diese Parteien bilden dann die Regierung (Koalitionsregierung). Die anderen Parteien, die nicht an der Bundesregierung beteiligt sind, werden Opposition genannt. Sie kontrollieren die Bundesregierung. Eine Regierung benötigt die Unterstützung von mehr als der Hälfte aller Abgeordneten. Denn eine Mehrheit der Abgeordneten im Nationalrat kann jederzeit die Absetzung der Bundesregierung erzwingen.
Parlamente: Gesetzgebung und Kontrolle
Für die Gesetzgebung des Bundes ist in Österreich das Parlament zuständig. Das österreichische Parlament besteht aus dem Nationalrat und dem Bundesrat. Im Nationalrat sitzen 183 Abgeordnete. Sie werden bei der Nationalratswahl gewählt. Die wichtigste Aufgabe des Nationalrates ist es, Entwürfe von Gesetzen zu beraten und als Bundesgesetze zu beschließen. Bundesgesetze sind Gesetze, die in ganz Österreich gelten. Eine weitere wichtige Aufgabe des Nationalrates ist es, die Bundesregierung zu kontrollieren. Die Parlamente der Bundesländer heißen Landtage. Die Landtage beschließen Landesgesetze. Landesgesetze sind Gesetze, die nur für das jeweilige Bundesland gelten.
Politische Parteien
Eine politische Partei ist eine Vereinigung von Menschen mit ähnlichen politischen Zielen. Politische Parteien wollen auf den Staat und die Gesellschaft Einfluss nehmen. Deshalb versuchen die politischen Parteien, von den Staatsbürgerinnen/Staatsbürgern gewählt zu werden. Insbesondere vor Wahlen machen politische Parteien Werbung für ihre Ziele, aber auch Werbung für ihre Kandidatinnen/Kandidaten. Durch diese Wahlwerbung und die Parteiprogramme können sich die Wähler/innen über die verschiedenen politischen Standpunkte informieren. Die wichtigsten Aufgaben von politischen Parteien sind: 1. Sie vertreten die Interessen der Bevölkerung oder die Interessen bestimmter sozialer Gruppen und Berufsgruppen. 2. Sie wirken an der öffentlichen Meinungsbildung mit. 3. Sie sind Teil der Regierung, oder sie kontrollieren als Opposition die Regierung.
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Volksabstimmung, Volksbegehren und Volksbefragung
Staatsbürger/innen haben die Möglichkeit, direkt bei politischen Themen mitzubestimmen. Diese Möglichkeit gibt es bei einer Volksabstimmung, bei einer Volksbefragung und bei einem Volksbegehren. Bei einer Volksabstimmung wird über ein Gesetz des Nationalrates abgestimmt. Die Wähler/innen können dann mit „Ja“ oder „Nein“ stimmen. Sie entscheiden, ob das Gesetz tatsächlich in Kraft tritt oder nicht. Bei einer Volksbefragung werden die Bürger/innen zu einem Thema befragt. Auch hier können sie mit „Ja“ oder „Nein“ stimmen bzw. aus zwei alternativen Lösungsvorschlägen wählen. Das Ergebnis ist für die Politik aber nicht bindend. Bei einem Volksbegehren kommt die Initiative direkt vom Volk. Wenn auf Bundesebene mindestens 100 000 wahlberechtigte Bürger/innen ein Volksbegehren unterschrieben haben, dann muss sich der Nationalrat mit dem Thema beschäftigen.
Demokratie lebt davon, dass Bürger/innen sich für das politische Geschehen interessieren und daran teilnehmen. Ein Teil der Bürger/innen muss bereit sein, Verantwortung zu übernehmen und das politische Leben aktiv zu gestalten. Auch bei Wahlen haben wir die Möglichkeit, aktiv mitzugestalten. Wahlen sind auch eine Rückmeldung an die Politiker/innen. Als Wähler/innen teilen wir mit unserer Stimme mit, wie zufrieden oder unzufrieden wir mit der Politik und mit den Verhältnissen in unserem Land sind. Alle österreichischen Staatsbürger/innen dürfen ab dem Alter von 16 Jahren zur Wahl gehen. Alle Wahlberechtigten sind automatisch in einem speziellen Register erfasst. Diese Liste liegt im jeweiligen Gemeindeamt oder Magistrat auf. Die Bürger/innen müssen sich nicht extra als Wähler/in registrieren lassen. Eine Wahl findet üblicherweise in einem Wahllokal statt: zum Beispiel in einer Schule oder im Gemeindeamt. Wenn wir wählen wollen, müssen wir uns im Wahllokal ausweisen, zum Beispiel mit einem Reisepass oder einem Führerschein. Unabhängige Wahlbehörden überwachen den Ablauf der Wahl.
Wer am Wahltag nicht in der eigenen Gemeinde ist, kann mit einer Wahlkarte in jedem anderen Wahllokal wählen. Darüber hinaus besteht auch die Möglichkeit der Briefwahl. Die Briefwahl ist sowohl innerhalb Österreichs als auch aus dem Ausland möglich. Nach der Wahl wird gezählt, wie viele Stimmen die verschiedenen politischen Parteien oder Kandidatinnen/Kandidaten bekommen haben. Die Zahl der Stimmen entscheidet, welche Parteien im Nationalrat, im Landtag oder im Gemeinderat vertreten sein werden oder wer der nächste Bundespräsident/ die nächste Bundespräsidentin wird. In einer Demokratie sind Wahltage immer spannende Tage.